San Blas IslandDas eine Paradies mussten wir verlassen, aber das war halb so schlimm, denn wir waren auf dem Weg in ein anderes. Vor über 2 Jahren hatte Tina von der Segeltour von Panama nach Kolumbien gelesen, um so von Mittel- nach Südamerika zu kommen. Straßen sucht man zwischen Panama und Kolumbien vergebens, und so ist dies neben dem Flugzeug die einzige Möglichkeit. Es sei denn, man ist "wahnsinnig", läuft mit seinem Rucksack durch den Dschungel und hofft, dass man auf keine Drogenschmuggler trifft. Da wir das nicht sind, nahmen wir etwas Geld in Hand und suchten uns schon Wochen vorher ein tolles altes Segelboot aus, das uns nach Kolumbien bringen sollte.
Von Little Corn Island machten wir uns also auf den Weg nach Panama City und von dort nach Carti. Dieses Dorf war der Ausgangspunkt für unseren Segeltörn über die San Blas Inseln nach Capurganá in Kolumbien. Die San Blas Insel bestehen aus etwa 360 bilderbuchschönen Trauminseln, wenn sie nicht bebaut sind, und sind die Heimat der Kuna-Indianer. Nach einem Aufstand im Jahr 1925 gelang es ihnen, für sich und ihr Archipel politische Autonomie zu erlangen. Sie verfügen über ein eigenes Regierungs-, Beratungs- und Entscheidungssystem, ihre eigenen Wirtschaftsstrukturen und eine eigene Sprache. Außerdem haben sie sich auf das Ausnehmen von Touristen spezialisiert.
Doch bevor es los ging hatten wir noch zwei Tage, um uns Panama City ein wenig anzusehen. Eingeplant war das nicht, aber durch verschiedene Umstände kam es anders. Bei der Einreise nach Costa Rica wollte die Grenzbeamtin ein Ausreiseticket sehen, welches wir natürlich nicht hatten. So mussten wir uns direkt an der Grenze ein teures Busticket nach Panama City kaufen. Da diese Busgesellschaft auch einen Nachtbus anbot, nahmen wir diesen und trafen nach einer 35 stündigen Reise, früher als geplant ohne Aufenthalt in San José, in Panama City ein. Dort freuten wir uns mal wieder in einem großen Supermarkt mit einem reichhaltigen Angebot unser Abendbrot einzukaufen. Es gab wirklich gutes Baguette, richtigen Käse und leckere spanische Chorizo, dazu Salat, Humuspaste, Oliven und eine Flasche Wein. Eine richtige Brotzeit! Mit 28 Dollar ganz schön teuer, aber das war uns in diesem Moment egal. Von der mittelamerikanischen Küche wird man ja nicht gerade verwöhnt.
Den ersten Tag nutzten wir zum shoppen. Tinas Sonnenbrille ist unter mysteriösen Umständen in Nicaragua verschwunden und so musste schnellstens Ersatz her, bevor wir auf Rudy's Segelboot steigen sollten. Ergattert hat sie eine italienische polarisierte Sonnenbrille :-). Am zweiten Tag erkundeten wir die Altstadt, in der auch unser Hostel lag. Panama steckt derzeit viel Geld in die Modernisierung dieses Viertels und schon jetzt ist es wunderschön. Es gibt noch viele alte abrissreife Häuser, zum Teil stehen nur noch die Außenwände, aber zusammen mit den schon renovierten Gebäuden ist es einfach wunderschön, mit viel Charme. Wir haben es aber nur ein paar Stunden draußen ausgehalten. Es war einfach viel zu warm. Bei gefühlten 39 Grad mussten wir uns dann in unser Hostel zurück ziehen und das ein oder andere kühle Bier trinken.
Eines machte uns aber die ganze Zeit Sorgen. Mit Rudy unserem Kapitän waren wir so verblieben, dass wir uns melden, wenn wir in Panama City angekommen sind. Wir sollten ihm schreiben in welchem Hostel wir übernachten, damit er den Transport nach Carti organisieren konnte. Es war nun schon Sonntag Abend und normalerweise sollten wir am Montag um 5 Uhr starten, aber auf keine unserer Mails bekamen wir eine Antwort. Alles auf diesen Termin ausgerichtet, waren wir enttäuscht und verärgert und konnten nicht glauben, dass wir keine Antwort bekamen. Am Ende wendete sich aber alles zum Guten. Montag Morgen um 9 Uhr erreichte uns eine Mail von Rudy. Seine Internetprobleme hatte er lösen können, allerdings war es für den Transport zu spät. Es war nicht ganz einfach, aber mit Hilfe eines wirklich netten Taxifahrers schafften wir es, uns selbst die Fahrt zu organisieren und letztendlich waren wir 17 Uhr auf Rudy's wunderschönem blau weißen Segelboot. Ein echter Traum! Empfangen wurden wir von dem braungebrannten Rudy mit einem Ceviche aus fangfrischem Tunfisch und einem kühlen Bier, was allen Ärger und Stress gleich verschwinden ließ. Auch die folgenden Tage sollte uns Rudy in seiner kleinen Bootsküche die leckersten italienischen Gerichte zaubern. Risotto, Pasta und Kartoffelsalat, mit fangfrischem Fisch, Riesenmuscheln, Krabben oder Languste. Meist selbst gefangen, manchmal aber auch von den lokalen Fischern gekauft. Das Essen war paradiesisch!
Zum los segeln war es schon zu spät, was aber kein Problem war. Wir drei (ja wir waren die einzigen an Board :-) ) hatten uns jede Menge zu erzählen und verstanden uns auf Anhieb super. Rudy segelt seit über 5 Jahren zwischen Panama und Kolumbien hin und her. In seinem vorherigen Leben war er erst Gärtner, baute Orchideen an und verkaufte diese. Nachdem dieses Geschäft nicht mehr rentabel war, wandelte er seine Orchideen Farm in Südtirol in eine ertragreiche biologische Shrimpszucht um. Nach über 10 Jahren harter Arbeit, übernahm sein Sohn das Geschäft und Rudy machte sein Hobby zum "Beruf". Vielleicht wäre es mit zwei, drei anderen Mitseglern noch lustiger oder noch schöner geworden, wer weiß. So aber hatten wir in den nächsten Tagen die kleinen, einsamen Palmeninseln wirklich ganz für uns alleine. Einziger Wermutstropfen: Zum Segeln war einfach nicht genug Wind. So wurde das Hauptsegel nur zur Stabilisierung gesetzt und die täglich rund 4 stündige Fahrt mit Hilfe des Motors zurück gelegt. Unser Ankerplatz am ersten Tag sollte der schönste bleiben. Umgeben von 4 wunderschönen kleinen Inseln, wovon 3 unbewohnt waren, lag unser Schiff in kristallklarem 30 Grad warmen Wasser. Ein Traum und das ganz für uns alleine. Noch vor dem Mittagessen schwammen wir zu einer der Inseln, um zu schnorcheln. Doch vor dem Vergnügen machten wir erstmal unsere Sporteinheit, bestehend aus Liegestütze, Kniebeuge und Sit Ups. Ja, auch als Reisender muss man versuchen fit zu bleiben. Steffen joggte noch ein paar Runden um die Insel und schwärmte dann von seiner bis dato schönsten Laufstrecke in seinem Leben. Bei so einer Umgebung läuft alles wie von selbst :-). Am Nachmittag setzten wir noch mit Rudy's kleinem Beiboot zur bewohnten Insel über, um uns ein paar Kokosnüsse von den Kuna-Indianern zu kaufen. Diese brauchten wir für unseren Coco Loco. Ein karibischer Cocktail bestehend aus Kokoswasser und sehr viel Rum. So verliefen auch die anderen Tage. Nach einer ca. 4 stündigen Fahrt ankerten wir in ruhigem Gewässer in der Nähe einer Insel. Dann gab es tolles Essen, wir gingen schnorchel, besuchten ein Dorf oder eine einsame Insel, tranken Bier und einen leckeren Rum, spielten Kniffel, ließen die Seele in der Hängematte baumeln oder machten einfach mal jarnischt. Und auch während der Fahrten hatten wir Dank der ausgeworfenen Angeln genug Aktion. Nach dem Fang eines kleineren Tunfischs, bissen noch ein ca. 120 cm großer Barrakuda und am letzten Tag noch ein 180 cm großer und ca. 40 kg schwerer Segelfisch an. Für Tina die "alte" Anglerin ein echtes Erlebnis! Die Fische wurden von Rudy sofort fachmännisch zerlegt und landeten so, noch am selben Tag auf unseren Tellern. Frischer kann Fisch wirklich nicht sein :-) !
Nach 4 phantastischen Tagen auf See, erreichten wir gegen Mittag Sapzurro, ein kleines kolumbianischen Dorf, wunderschön in einer kleinen Bucht gelegen, genau an der Grenze zu Panama. Auch hier erwartete uns wieder karibische Gelassenheit und Idylle pur. Bunte Wohnhäuser und mit Blumen gesäumten Wege schmückten das Dorf. Unsere erste Tat nach dem Ankern war der Sprung ins kristallklare türkisfarbene Wasser. Rudy zauberte uns zum Abschluss noch einmal ein leckeres Mittagsessen auf unsere Teller und danach setzten wir mit vollen Mägen zum Festland über. Sapzurro ist winzig, wenige Restaurants reihen sich zusammen mit kleinen Kiosken und ein paar Geschäften an der Wasserfront entlang. Bis auf die kolumbianische Hauptreisezeit zu Ostern und im Juli / August warten sie meistens vergebens auf Touristen. Das liegt sicherlich an der Abgeschiedenheit. Die einzige Möglichkeit diese Region zu erreichen, ist das Schiff oder das Flugzeug, denn Straßen gibt es weit und breit nicht. Und so warteten wir zusammen mit Rudy und kühlen Bieren auf das Wassertaxi, welches uns in die nächste Bucht nach Capurganá bringen sollte. Dort verbrachten wir die nächsten vier Tage. Capurganá ist etwas größer als Sapzurro, es gibt ein paar mehr Restaurants, ein Bäcker, mehrere Kioske, ein paar Geschäfte, die Strandartikel verkaufen und eine Immigration. Einen Ausreisestempel hatten wir uns in Panama nicht geholt, dafür hätte Rudy vor Puerto Obaldia, einem kleinen Ort kurz vor der kolumbianischen Grenze, ankern und wir mindestens vier Stunden warten müssen. Also vertrauten wir auf Rudy's Wort, dass ihn die Leute in Capurganá kennen, und wir auch ohne Ausreise- einen Einreisestempel bekommen. Wir haben etwas geflunkert und der jungen Grenzbeamtin gesagt, dass wir niemand bei der Ausreisestation angetroffen hätten und es funktionierte. Nach kurzer Rückfrage hatten wir unseren Stempel im Pass.
Hausnummern oder Straßennamen sucht man in Capurganá vergeblich, die braucht man bei diesem kleinen Dorf aber auch nicht. Strom gibt es, wenn die Leitungen nicht zusammenbrechen, bis kurz nach Mitternacht. Sapzurro hat uns besser gefallen, aber leider war die einzige Tauchschule weit und breit in Capurganá. Tauchen waren wir am Ende jedoch nicht mehr.
Viel passiert in Capurganá nicht, wir hatten also viel Zeit für Strand und die Hängematte. Was wir nach unserem anstrengenden Segeltörn auch dringend nötig hatten :-). Einen Ausflug unternahmen wir aber noch. Am Morgen unseres letzten Tages brachen wir früh auf, um wieder in Richtung Panama nach La Miel, zum besten Strand der Region, nur zwei Buchten von Capurganá entfernt, zu wandern. Das bedeutete, dass zwei Hügel beziehungsweise eine 2,5 stündige Dschungelwanderung vor uns lagen. Schon am Morgen war es heiß und feucht, und nach den ersten Höhenmetern floss uns der Schweiß in Strömen herunter. Nur ab und zu schaffte es ein laues Lüftchen durch den dichten Dschungel, um uns wenigstens ein bisschen Erfrischung zu bringen. Früher wurde dieser Weg von Drogenschmugglern benutzt, um Drogen von Kolumbien nach Panama zu bringen. Heutzutage ist es aber sicher. Zumindest dieser Teil, denn noch immer wird die Grenzregion zwischen Panama und Kolumbien größtenteils von der FARC kontrolliert.
Auf unser ersten Etappe durch den Dschungel nach Sapzurro begegnete uns "nur" ein grüner Pfeilgiftfrosch. Die Affen und anderen Tiere waren wohl noch beim Schlafen. Leider haben wir auch keine Avocadobäume gefunden, obwohl wir dringend welche für unser nächstes Frühstück brauchten. In Capurganá bekamen wir sie aus unerfindlichen Gründen nicht. Sapzurro ist wahrlich ein verschlafenes Dörfchen, noch ein bisschen gemütlicher und ruhiger, als Capurganá. Die Zeit läuft sehr langsam und die Bewohner sind noch entspannter. Nach einer kurzen Abkühlung im karibischen Meer ging es weiter zu Fuß von Süd- nach Mittelamerika :-). Gleich auf der anderen Hügelseite lag unser Ziel La Miel. Oben auf dem Hügel warteten auf uns eine Reihe von Grenzbeamten, denen wir unsere Pässe reichten. Gleich 5 von ihnen müssen hier im Niemandsland ihre Zeit totschlagen, denn viel ist nicht los. Ab und an kommen ein paar Touristen vorbei, aber das war es schon. Einen Stempel bekamen wir nicht in unseren Pass, dafür aber einen Eintrag im Grenzbuch. Nach ein paar steilen Treppenstufen, erreichten wir das Dorf und den Strand. Der Strand war wunderschön in einer Bucht gelegen, dahinter erhob sich die Hügelkette des Darién, ein dicht bewaldetes, regenreiches Hügelland, welches nirgends die Höhe von 800 m übersteigt. Das Wasser war ein bisschen von den Wellen aufgewühlt und deshalb nicht so klar, aber trotzdem sauber. Überall wuchsen Palmen, welche an keinem Strand fehlen dürfen. Traumhaft! Als wir aber näher kamen, waren wir ein bisschen enttäuscht. Der Strand war durch und durch mit kleinen Plastikteilen verschmutzt, ein große Halle in der sich ein Duty Free Shop befand, verschandelte zusätzlich das Bild. Trotzdem war es ein schöner Abschluss unserer Segeltour.
Die letzten 2 Nächte bevor wir weiter nach Lima flogen gönnten wir uns nochmal ein schönes Hotel. Auch mal schön zwei Tage in einem stink normales Hotelzimmer, mit weißer Bettwäsche, Flachbildfernseher, Regendusche und super Bett, für wenig Geld, zu verbringen. Der Hotelier schaute uns zwar etwas komisch beim einchecken an, weil Steffen Barfuß unterwegs war (die guten Huaraches waren kaputt gegangen), aber er lies uns einchecken. Kolumbien begeisterte uns. Die Menschen, das Essen, das kunterbunte Hostel in dem wir wohnten ... Wir hätten gerne mehr von Kolumbien gesehen, aber wir hatten keine Zeit mehr :-( und wollten nun doch "endlich" etwas Abwechslung in Peru und Bolivien finden!